Es ist kalt, es ist dunkel, ich muss mal und bin übernächtigt. Klassische Situation. Und doch zuckt mein innerer Rotstift, wenn ich, auch aus den Augenwinkeln heraus, so etwas lesen muss. Bin ich die Einzige, die es stört, wenn Berlin-Wiederankömmlingen das Procedere des Weitereisens mit dem eigenen Auto so erklärt wird. Oder sollte der Busfahrer als „Seine Majestät“ oder „Eure Magnifizenz“ gemeint sein. Der Pluralis Majestatis ist hier auch falsch, da es keine direkte Anrede ist, außerdem machte der Fahrer keinen royalen Eindruck. Eher einen kompetenten. Aber schauen wir bei Wikipedia mal nach, welchen Grund außer Unwissen es noch geben könnte:
„Eine früher standardsprachlich verbreitete Form der Anrede war die Verwendung der 3. Person Singular, also Er gegenüber Männern oder (eher seltener) Sie gegenüber Frauen. Diese stets großgeschriebene Anredeform wird zuweilen als Erzen bezeichnet (die Bezeichnung Siezen für die weibliche Variante ist nicht üblich, da missverständlich). Hiermit redeten im 17. und 18. Jahrhundert vielfach Vorgesetzte ihre Untergebenen oder Standeshöhere die Standesniederen an. Es galt teilweise um eine Stufe höflicher als das Ihr und wurde z. B. gegenüber Bediensteten angewandt, die hierarchisch etwas höher standen als die übrigen Bediensteten, oder gegenüber Handwerkern. Es konnte allerdings, je nach Situation, auch als leicht „von oben herab“ wirkend interpretiert werden. Bis heute existiert diese Anrede umgangssprachlich als Berliner Er in Berlin, Brandenburg, der Lausitz und in Mecklenburg, kommt aber auch in anderen Dialekten gelegentlich vor… „Ich erlasse Ihm seine Schuld.“
Das wäre jetzt für den Busfahrer allerdings blöd. Vielleicht ist er gar kein Berliner?
Es gäbe ja noch den Pluralis Modestiae – jedoch wohl nur, so Seine Majestät die Inschrift selbst verfasst hätte?
Den inneren Rotstift packt es heutzutage sooo häufig. Es waren mal Zeiten, da konnte frau die Fertigkeiten in Rechtschreibung und Zeichensetzung durch möglichst reichliches Lesen sogar der Zeitung verbessern…
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