Vielen Dank für diesen Gastbeitrag des Lesers U. aus W.!
Ich hatte mir bei einem Sturz auf einer Wiese die Schulter verletzt, welche nun dringend einer OP bedurfte um die entstandenen Schäden zu reparieren. Als alle Voruntersuchungen abgeschlossen und Unmengen von Einverständnissen unterschrieben waren sollte die OP endlich stattfinden.
Die Klinik war der Meinung, es wäre für die Patienten zumutbar, früh um 07:00 Uhr da zu sein. Für alleinstehende Bürger, die auf dem Dorf wohnen, schon mal gar nicht so einfach. Also bestellte ich mir zwei Tage vorher in der Kreisstadt ein Taxi für 06:00 Uhr. Am Tag meiner OP stand ich dann pünktlich 5 Minuten vor sechs vor der Haustür. Da nichts weiter passierte, entschloss ich mich, fünf nach sechs mit meinem Gepäck mal vor an die Hauptstraße zu laufen. Tatsächlich erschien dort nach weiteren zehn Minuten ein Taxi, dessen Fahrer man die Ziel- und Hilflosigkeit richtig ansehen konnte. Ich winkte ihm freudig zu und tatsächlich, es war mein bestelltes Taxi. Auf der Fahrt nach Mainz erzählte mir der Fahrer, er habe als Adresse den Sonnenberg erhalten, na und ich wohne auf dem Palmberg. Die pfiffige Dame in der Taxizentrale war also nicht mal in der Lage richtig zu zuhören. Der Fahrer machte den Zeitverlust lässig wett, indem er gemächlich mit fast 200 Sachen nach Mainz fuhr. Eine viertel Stunde vor 7:00 Uhr erreichten wir die Uni-Klinik und ich konnte mich überpünktlich anmelden.
Die Anmeldung schickte mich in die achte Etage auf Stadion acht, wo mein reserviertes Bett stehen sollte. Dort platzierte man mich erst mal in ein Wartezimmer und informierte mich nach ein paar Minuten, dass in der Nacht zwei Unfälle rein gekommen wären und mein Bett belegt sei. Ein weiterer Patient, der auch mit wartete, war ebenso betroffen. Nach einer halben Stunde wurde ich dann in die vierte Etage auf Stadion vier geschickt. Dort wurde ich bereits von einer Schwesternschülerin erwartet. Das Mädel war vielleicht 1,50 Meter groß, hatte richtig kupferrotes Haar, war sehr schüchtern und erfüllte diese Aufgabe vielleicht zum ersten Mal. Wir müssten uns beeilen, der OP Raum hätte schon angerufen, wo ich denn bliebe.
Zügig verstaute ich mein Gepäck im Schrank, zog meine Sachen aus und bekleidete mich mit einem OP-Hemdchen. Die Schwesternschülerin hatte inzwischen ein Namensschild ans Bett geklebt und mich mit einem Namensbändchen am Handgelenk versehen, wie man sie von der Entbindungsstation für die Babys kennt. Kaum fertig, wurde ich auch schon in meinem Bett auf den Flur geschoben. Dort kam nach ein paar Minuten eine Schwester auf mich zu und fragte mich nach meinen Namen, der mir auch gleich einfiel. Anschließend kontrollierte sie den Namen auf meinem Bett.
Sie stellte fest, es sei das richtige Bett, aber der falsche Patient. Tatsächlich stellte auch ich jetzt fest, einen anderen Namen an meinem Handgelenk zu tragen.
In diesem Bett sollte eigentlich der Patient liegen, der mit mir zusammen auf Station acht gewartet hatte. Die Schwesternschülerin hatte einfach unterlassen, mich nach meinem Namen zu fragen und angenommen, ich wäre derjenige, auf den sie warten sollte.
Na, nun kam richtig Aufregung in die Sache. So was kommt wohl doch nicht jeden Tag vor, dass Patienten verwechselt werden. Ich bekam meinen alten Namen wieder und inzwischen war auch endlich der andere Patient eingetroffen. Mein operierender Arzt kam dann auch extra vorbei, um sich zu überzeugen, ob jetzt alles richtig sei und malte mir mit einen Edding ein fettes Kreuz auf meine rechte Schulter.
In Serien im Fernsehen über Krankenhäuser hört man ja immer wieder, dass sich Gerüchte und Gespräche über Fehler oder Beziehungen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Man findet es lustig, kann es sich aber nicht wirklich vorstellen.
Ich habe es jetzt selbst miterlebt, live. Als ich in den OP ins Erdgeschoss gefahren wurde, war natürlich Tagesgespräch im Fahrstuhl, wie eine Schwesternschülerin einen Patienten verwechseln kann. Die Nachricht war also in 30 Sekunden vier Etagen weiter gekommen. Das weitere Ausbreitungstempo kann man sich vorstellen. Gott sei Dank hatte das Gebäude nur 12 Etagen.
Den Vorraum des OP erreichte ich durch die Kindereinfahrt. An der Decke klebten lauter Sterne, die den Übergang in die Traumwelt verschönern sollten. Hier wurde noch mal vor der Narkose ein Gespräch geführt, wer ich bin und was gemacht werden soll. Eine echte Verwechslung hätte wohl nie passieren können. Sofern man seinen Namen weiß und was genau repariert werden soll.
Die Narkose war dann Sache von einer knappen Minute und ich war so was von weg. Das Aufwachen war dann nicht so schön. Drei Löcher in der Schulter und diverse Innenarbeiten am Schultergelenk, dass tat richtig weh. In Filmen sieht man ja immer, wenn Leute in den Arm oder in ein Bein geschossen werden, eine halbe Stunde später sind die wieder fit wie ein Turnschuh. Ich bin ein Weichei und brauchte wirklich nachts noch ein Schmerzmittel um mit der Sache leben zu können, von Schlafen will ich gar nicht reden.
Am Nachmittag bekam ich noch eine tröstliche Nachricht. Auch wenn es mit der Verwechslung geklappt hätte, mir wäre nichts passiert. Als mein Verwechslungspartner in den OP kam, stellte man endlich fest, sein Ersatzteil war gar nicht da und er wurde noch mal in stand by auf die Station gebracht. Es sollte übrigens ein linkes Kniegelenk sein, na das hätte mir noch gefehlt.
Der restliche Krankenhausaufenthalt verlief so normal, wie wir es aus den einfachen Krankenakten kennen und heute wissen wir, alles wurde gut.