Als ich mal geritten bin, äh wurde

Beherzt schwinge ich mich in den Sattel und staune, dass ich wirklich oben sitze, auf dem Pferd. Ich antworte mit „Si!“ auf die Frage des Guides , bin mir aber nicht sicher, was er überhaupt gefragt hat. Bist du schon mal geritten? oder  Reitest du das erste Mal? Sämtliche Spanischsprachkenntnisse sind mir abhandengekommen, als die Freundin von ihrem Pferd kurz nach dem Aufsteigen abgeworfen wurde, da das Pferd vor einem Wasserschlauch erschrak. Spontan habe ich keine Lust mehr, weiß aber nicht, wie man absteigt. Sowieso fährt der Bus, der uns durch die Berge wieder zurück zur Sprachschule bringen soll, erst in ein paar Stunden. Und bezahlt ist bezahlt. Jetzt geht’s los. Also  mein Pferd. Es trabt einfach den anderen drei Pferden hinterher. Ich grüble derweil, wo ich mich am besten festhalte, wie ich lenke und bremse. Vielleicht wie beim Auto? Oder doch wie bei einem Schlitten? Auf einmal ist mein Pferd weg, das heißt, ich sehe keinen Kopf und Hals mehr vor mir, sondern nur einen steilen Pfad und weit unten ein steiniges Flussbett. In diesem Flussbett geht es weiter, hinauf in die Berge, durch Wald und über steinige Wiesen. Wege sind nicht erkennbar. Ich versuche, meine Technik zu verfeinern und ziehe abwechselnd links und rechts an den Zügeln, auch gleichzeitig, um zu bremsen. Da dreht sich mein Pferd zu mir um, ich sehe ein weit aufgerissenes Auge, mit dem es rollt und es schüttelt auch noch schnaubend mit dem Kopf. OK, dann mach du eben, Pferd. Ich habe jetzt auch zu tun, mich unter den tief hängenden Pinienzweigen so gut es irgend geht zu ducken. Inzwischen ist die Sonne untergegangen und es wird noch kälter. Da ich alle meine Klamotten bereits trage, mache ich mir warme Gedanken. Und nun wird mir siedendheiß, denn es geht wieder steil bergab und große und kleine Steinbrocken lassen die Pferde tänzeln. Ich verfalle in Panik, von stummen Schreien ist keine Rede, doch eine solche muss ich mir jetzt anhören. Der Guide motzt mich lautstark voll, ich solle das Pferd nicht so erschrecken! Und nicht so dran rumzerren. Wie jetzt? Gut, dass ich nicht alles verstehe. Endlich sind wieder am Stall. Ich werde abgestiegen und stake tiefgefroren  zur Toilette, um nachzuschauen, ob alles in Ordnung ist. Artig verabschieden wir drei Mädels uns von den Pferden und dem Guide. Alle vier sind froh, als wir in Richtung Dorf verschwinden. Wir wärmen uns in der Kneipe auf, trinken heißen Kakao und das eine und andere Gläschen vom Roten. Immer heldenhafter wird unser Abenteuer und endlich kommt auch unser Bus. Froh, am Leben zu sein, schlummere ich bald ein und lass Landschaft Landschaft ein, ist ja eh inzwischen stockfinster.

Noch heute, etliche Jahre später, ist mir noch gegenwärtig, wie ich durch die Sierra Nevada geritten bin wurde. Daraufhin beschloss ich übrigens, doch kein Cowboy zu werden.

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Eine Antwort zu Als ich mal geritten bin, äh wurde

  1. majus65 schreibt:

    Da fällt mir mein erster und einziger Kamelritt ein …

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