Wandern in der Wildnis

Über die Aktion „Blogg dein Buch“ habe ich diesmal einen dicken Wälzer zugeschickt bekommen, den ich leider schon nach einer Woche ausgelesen hatte. „Tausend Meilen durch die Wildnis“ ist dieses Buch von Cheryl Strayed untertitelt: „Der große Trip“, 2013 in der deutschsprachigen Ausgabe beim Kailash-Verlag erschienen.

Cheryl ist 1995 gelaufen, 3 Monate, längs durch Kalifornien und durch Oregon, mit einem Riesen-Rucksack und ansonsten allein, auf dem Pacific Crest Trail. Die Karte auf einer der ersten Seiten zeigt ihre Route, und gleich dem Start – meines Lesens und ihrer Wanderung wird mir klar, dass es so gar nichts mit dem Rennsteig zu tun hat. Blasen an den Füßen sind nicht gleich Blasen an den Füßen.

Ich bin beeindruckt. Vom Buch. Von der Autorin. Von ihrer Lebensgeschichte. Von dieser Wanderung. Von dieser Leistung, sich selbst zu bezwingen und immer weiter zu laufen. Schmerzen, Strapazen, Hitze, Kälte, Nässe, Schnee, Hunger, Durst, Erschöpfung, Einsamkeit, Angst, Trauer, Klapperschlangen, Bären, Pumas. Wasser filtern, Kocher anwerfen, Zelt aufbauen, auf dem Boden schlafen, den Dreck aushalten, stinken, schwitzen, nicht duschen können, sich von angerührtem Trockenpamps und ranzigen Nüssen ernähren und nur ab zu  in den eigenen Versorgungspaketen an einzelnen Stationen 20 Dollar für etwas zu Essen haben – das liest sich wirklich nicht verlockend. Und doch geht eine unglaubliche Faszination von diesem Buch aus! Mental wandere ich mit, erlebe die Landschaften und überstehe die Kilometer. So wie sie im Laufe ihrer Tour den Trail immer besser bezwingt, so geht es mir mit dem Lesen: Am Anfang etwas zögerlich, abschweifend, dann konzentriert auf die einzelnen Tagesetappen und Erlebnisse, in den letzten Etappen süchtig nach dem Weiterlesen und nach dem Ankommen.

„Das Wichtigste, was ich während des Trips gelernt habe, ist, Gegebenheiten anzunehmen. Ich musste mich einfach den Anforderungen des Wegs beugen. Dabei habe ich gelernt, emotional wieder gesund zu werden. Ich wollte nicht in einer Welt ohne meine Mutter leben, aber ich musste es. Ich wollte an einem Tag nicht noch zehn Meilen einen Berg hoch laufen, aber ich musste es tun. Das waren kraftvolle, einfache, tiefe Erkenntnisse, die mich grundlegend verändert haben.

Das Buch hat mich mitgenommen. Hat mich aufgewühlt. Hat mich teilhaben lassen an einem fremden Leben. Was für eine Frau!

Cheryl Strayed „Der große Trip. Tausend Meilen durch die Wildnis zu mir selbst“, Kailash – Verlag 2013, gebundene Ausgabe, 445 Seiten, 19,99 Euro

P.S. Da mich meine Wanderstiefel letzten Sommer auf dem Rennsteig so im Stich gelassen haben, bepflanze ich sie jetzt mit Wegerich und kaufe mir neue. Mit Blasen-Freiheitsgarantie. Und wie ich gelernt habe: Eine Nummer größer!

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Eine Antwort zu Wandern in der Wildnis

  1. KATTA schreibt:

    Ein wirklich sehr schönes Buch ❤

    Allerliebste Grüße

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